Vor lauter Bäumen Teil 1 - So fängst du an

Wer zum Beispiel mit Fußball anfangen möchte kauft sich einen Ball und ballert diesen anfänglich gegen das Tor oder spielt mit den Nachbarn. Alle lieben Fußball und stehen, gefragt oder ungefragt, jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. In der Regel bleibt man am Anfang unverletzt und sieht sich selbst schon als Weltfussballer des kommenden Jahrzehnts.


Doch im Kraftsport sieht die Sache anders aus. Wer damit beginnen möchte, wird in seinem Umfeld keine handvoll Leute finden, die schon mal eine Hantel aus der Nähe gesehen haben. Einen waschechten Mentor zu finden wird gar unmöglich. Den Schritt ins Studio oder das Lesen eines Fachbuches wagen die Wenigsten. Stattdessen eifern sie den YouTube Gurus nach.


Ehe man sich versieht besitzt man Muskelshirts, Kreatin, Casein, Whey und Fischölkapseln. Techniktraining? Rumpftraining? Streching? Wozu auch? Hauptsache den neuesten Volumen-Plan mit dutzenden von Sätzen von Januar bis Dezember durchballern. Dass die selbstgesteckten Ziele dabei auf der Strecke bleiben ist die logische Konsequenz.


Doch das muss nicht sein, wenn man ein paar einfache Regeln befolgt:


1. Kurz und knackig


Kraftsportler sind keine Marathonläufer. Trainingspläne mit deutlich über 20 Sätzen pro Einheit sind Zeitverschwendung. Beschränkt euch am Anfang auf die Großen und starken Muskelgruppen. Sie sind es, die euch groß und stark machen werden. Bizeps, Trizeps, Waden und Bauch müssen selbstverständlich ebenfalls trainiert werden. Aber bitte führt keinen Extra-Tag für sie ein. Ich könnte jedes Mal kotzen wenn ich die wandelnden Kleiderständer im Center sehe, die mindestens eine Stunde vor sich hin curlen oder crunchen.


2. Selten und regelmäßig statt oft und unregelmäßig


Muskeln wachsen nicht im Training, sondern während der Erholung. Diesen Spruch hat bestimmt jeder schon mal gehört. Das bedeutet, dass es einen optimalen Zeitpunkt gibt an dem man das Training wiederholt werden sollte. Wissenschaftler nennen es die Superkompensation. Ich Weiß, dass die Theorie dieser teilweise angezweifelt wird. Dennoch ist sie im Ansatz leicht nachvollzieh- und anwendbar. Aus eigener Erfahrung kann ich auch bestätigen, dass sie funktioniert.


2.1. Superkompensation kurz erklärt
Bei Anfängern geht man von ungefähr 2 Tagen aus, die der Körper nach einer intensiven Trainingseinheit für die Erholung benötigt. Diese 2 Tage werden auch dringend benötigt. Denn Muskeln, Sehnen, Bänder und zentrales Nervensystem müssen an die neue Herausforderung angepasst werden. Wer nun in regelmäßigen Abständen das Training wiederholt wird wachsen.Macht bitte nicht den Fehler und versucht diesen Prozess abzukürzen, indem ihr jeden Tag trainiert. Das Gegenteil wird eintreten und ihr werdet deprimiert aufgeben oder zu illegalen Mitteln greifen.


3. Intensiv


Was genau heißt intensiv? Es gibt zu diesem Thema hunderte Studien, die uns mehr verwirren als erleuchten. In den ersten 2-3 Jahren muss man sich weder mit hochintensivem Training noch mit kompliziertem Split beschäftigen. Wer die nachfolgenden Tipps beachtet, wird stetig vorankommen.


3.1. Langsam
Bewegt das Gewicht stets kontrolliert auf und ab. Oft wird empfohlen die positive Phase explosiv und die negative Phase betont langsam auszuführen. Dieser Tipp richtet sich jedoch an erfahrene Kraftsportler, die sich in einer Kraftphase befinden. Für alle Bodybuilder gilt ein ungefährer Richtwert von 2 Sekunden positiv und 2 Sekunden negativ, mit jeweils kurzem Zwischenhalt beim Umkehrpunkt. Während der Belastung wird aus- und während der Entlastung eingeatmet.


3.2. Spannung halten
Klingt einfach, braucht aber Konzentration. Versucht während der gesamten Bewegung die Muskelspannung aufrecht zu erhalten. Das gilt nicht nur für den Zielmuskel, sondern auch für alle beteiligten Körperteile. Nehmen wir als Beispiel die Langhantel-Curls.Bei dieser Übung steht man wie stabil und aufrecht mit leicht angewinkelten Knien, angespannten Arschbacken, leicht eingezogenem Bauch und zurückgezogenen Schultern. Man blickt gerade aus, hat die Ellenbogen fest an der Seite und bewegt praktisch nur die Unterarme. Wer diese Übung korrekt ausführt packt vielleicht 5 kg weniger, hat aber schneller und mehr Erfolg. Lächerliche Grunzlaute und schwachsinniges Kopfnicken gehören nicht zur Technik der Langhantel-Curls.


3.3. Kein Schwung
Ob es das ruckartige Hohlkreuz beim Curlen oder das abfedern auf der Brust beim Bankdrücken ist, spielt keine Rolle. Ich verspreche Euch, dass ihr mit Schwung schneller beim Arzt landet als auf einem Fitnessplakat. Befolgt die ersten beiden Tipps und alles wird gut.


3.4. Voller Bewegungsumfang
Man glaubt es kaum, aber wer die Bewegung vollständig durchführt hat mehr Erfolg im Training. Das ist aber kein Freipass für selbsterfundene Übungen. Stehendes Seitheben mit Kurzhanteln geht zwar theoretisch bis über die Horizontale, doch die schlauen Damen und Herren, die diese Übung erfunden haben, waren nicht dumm. Denn wer seine seitlichen Schultermuskeln bearbeiten und dabei Gelenkschonend trainieren möchte, hebt die Gewichte nicht höher als Schulterhoch. Was sagt uns das? Ohne fachliche Instruktion wird es schwer!!


3.5. Bis zur letzten korrekten Wiederholung
Bewegt das Gewicht solange bis ihr die Regeln von oben zu brechen droht. Geht zum Beispiel die Spannung verloren oder ihr schafft es nicht mehr den vollen Bewegungsumfang zu nutzen, muss der Satz abgebrochen werden. Selbstverständlich ist es in Ordnung beim Umkehrpunkt paar Atemzüge zu pausieren um anschließend weitere 2 oder 3 Wiederholungen heraus zu kitzeln.


4. Regelmäßige Steigerungen


Um langfristig erfolgreich zu bleiben muss man sich immer weiter pushen. Doch leider verstehen viele darunter sich 6x die Woche für je 2 Stunden im Studio zu quälen. Bleibt lieber bei euren 3 kurzen Einheiten pro Woche und steigert nur die Wiederholungen und Gewichte.Ich trainiere mittlerweile sehr instinktiv. Doch dieses Prinzip bleibt im Grunde erhalten. Schaffe ich in 3 Sätzen mindestens 8 Wiederholungen erhöhe ich das nächste mal auf 9 Wh, das übernächste Mal auf 10. Eventuell erhöhe ich danach das Gewicht, so dass ich wieder bei 6 oder 7 Wh starten muss.


5. Erholungsphasen einplanen


Auch wenn alles reibungslos läuft und ihr von Krankheiten und Verletzungen verschont bleibt, empfehle ich euch spätestens nach 12 Wochen eine Ruhephase einzuplanen. Lasst die Gewichte für 1 bis 2 Woche links liegen und geht saunieren, dampfbaden und sprudeln. Glaubt mir, diese Zeit benötigt euer Körper und wird es euch mit einem Extraschub danken. Gönnt euch auch während den Trainingsphasen etwas Gutes und geht nach dem Training kurz ins Dampfbad oder Saune. Vergesst auch das Streching nicht.


6. Ernährung


Endlich kommt er zu den Pulvern, werden nun viele denke. Sorry, falsch gedacht. Esst 3x täglich ordentlich und ihr könnt auf kiloweise Pulver verzichten. Ordentlich heißt auch ordentlich. Ein Magerquark mit Früchten zum Frühstück ist nicht ordentlich. 3 Scheiben Proteinbrot mit 100g Lachs, ein Apfel, ein paar Nüsse plus eine Tasse Tee; Das ist ordentlich. Versucht pro Mahlzeit auf 40g Protein zu kommen und ihr könnt euch das teure Pulver sparen. An Trainingstagen ergänzt ihr die 3 ordentlichen Mahlzeiten mit 2 kleinen Zwischenmahlzeiten, die ebenfalls ca. 20g Protein enthalten sollten. Weitere Details zum Thema Ernährung findet ihr auf Legday.de


Fazit


Trainiert kurz, intensiv, regelmässig und korrekt. Vergesst die Erholung nicht und achtet auf eine gesunde Ernährung. Das nächste Mal geht es hier weiter..


Bleibt clean.

Kommentare 1

  • Toller Artikel. Sollten manche aus meinem Studio mal lesen.gibt genug die ihre Muskeln nicht trainieren sondern malträtieren und sich dann wundern warum sich nichts tut in punkto Wachstum.