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Stoff beim Antidoping-Experten
Landesregierung machte mit Vereinschef anscheinend den Bock zum Gärtner
Von OTZ-Redakteur Volkhard Paczulla Der Kampf gegen Doping und Drogen muss auf allen Ebenen geführt werden, sagt Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU). Auch im Fitnessstudio.
Deshalb ist der ebenfalls für Sport zuständige Minister so froh über das erste Zertifikat, das am Montag einem Fitnessstudio in Erfurt verliehen wurde. Bekommen kann es vom TÜV Thüringen und der AOK nämlich nur, wer sich neben hygienischen und technischen Standards zu Maßnahmen gegen Doping, Drogen- und Medikamentenmissbrauch verpflichtet. Das ist deutschlandweit einmalig.
So einmalig wie die Anklage der Staatsanwaltschaft Erfurt gegen den Doping-Bekämpfer Jürgen I. Die Polizei hatte den einstigen Vorsitzenden des Thüringer Bodybuilding- und Fitness-Vereins e.V. bei einer größeren Razzia Ende 2005 mit Rauschgift erwischt. Eine Durchsuchung seiner Privaträume bei Weimar, wo er ein Fitness-Studio betrieb, ergab Funde von Kokain, Crystal und Cannabis. In "nicht geringen Mengen", wie Juristen sagen, wenn es ums Strafmaß geht. I. drohen um die vier Jahre Haft.
Das Besondere ist nicht die Härte des Gesetzes, sondern die Vorgeschichte des Angeschuldigten. Weil er sich immer wieder vehement und öffentlich gegen das Spritzen und Pillenschlucken in der Bodybuilder-Szene aussprach, galt er dem Land bald als Experte. So wurde der heute 43-Jährige 2001 Gründungsmitglied der damals vom Sozialministerium ins Leben gerufenen Unabhängigen Expertenkommission, die die Regierung in Dopingfragen berät. Auch mit der Universität Jena, so vermeldete der Hamburger "Spiegel", habe I. als Berater zusammengearbeitet.
Die Expertenkommission schloss ihn umgehend nach Bekanntwerden der Rauschgiftfunde aus. "Die Unschuldsvermutung gilt im Strafrecht, nicht aber für die Mitarbeit in einem solchen Gremium", sagte Kommissionsvorsitzender Thomas Hutt gestern der OTZ. Die Kommission befasse sich mit der Bekämpfung genau jener Dinge, die I. nun vorgeworfen werden.
In der Tat. Neben dem Anklagevorwurf des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in sieben Fällen, davon einmal in besonders schwerem Fall, betreibt die Staatsanwaltschaft Erfurt ein weiteres Ermittlungsverfahren. I. wird zusätzlich mit Anabolika in Verbindung gebracht. Die illegalen Muskel-Aufbauer fallen zwar strafrechtlich weniger ins Gewicht. Zertifizierungswürdig sind sie aber auch nicht.
Im Rückblick ist die Sache fast grotesk.